Bei der Recherche zur Altersvorsorge anderer Länder habe ich mich am meisten auf das Rentensystem der USA gefreut – ein faszinierendes Land voller Widersprüche und Extreme. Als ich mich in das Thema vertiefte, traten diese Widersprüche und Extreme jedoch in den Hinter- und die Eigenverantwortung jedes Einzelnen in den Vordergrund.
Geprägt durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 sorgen staatliche Strukturen für eine Mindestabsicherung. Gleichzeitig setzt der Staat darauf, dass jede Bürgerin und jeder Bürger die Altersvorsorge in die eigenen Hände nimmt und mit Hilfe finanzwirtschaftlicher Lösungen die eigene Rente absichert. Dabei wird weniger auf Versicherungsprodukte und mehr auf steuerliche Anreize gesetzt.
Im Beitrag schauen wir uns an, wie das gesetzliche Rentensystem ausgestaltet ist, welche Arten betrieblicher Vorsorge angeboten werden und welche Rolle die private Vorsorge spielt.
Inhaltsverzeichnis
Die Gesetzliche Rente gegen Altersarmut
Eine bundesweite gesetzliche Rente gibt es in den USA erst seit 1935. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 hat sich gezeigt, dass es für die staatliche Unterstützung im Alter eine nationale Lösung braucht. Vorher hatte jeder Bundesstaat ein eigenes Rentensystem, das unterschiedlich stark auf Eigenverantwortung setzte.
Das Sozialsicherungssystem der USA (Old Age, Survivors and Disability Insurance – OASDI) ist eine Mindestabsicherung für die Einzahlenden. Dazu gehört das staatliche Rentensystem, das dazu gedacht war, Altersarmut zu verhindern. Es ist wie in Deutschland ein Umlagesystem. Das heißt, die eingehenden Beiträge werden für Auszahlungen an die aktuellen Rentnerinnen und Rentner genutzt.
Bis auf wenige Ausnahmen zahlen alle Berufstätigen ein. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen jeweils >6,2 Prozent des Bruttoarbeitslohns ein, Selbständige dagegen die vollen 12,4 Prozent. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt 2022 bei 147.000 Dollar. Sollte das Gehalt darüber liegen, werden auf den Rest keine Beiträge abgeführt.
Die Beiträge kommen dann in einen Rentenreservefonds, dem Social Security Trust Fund. Sollte dieser Fonds Überschüsse produzieren, werden die in spezielle nicht handelbare Staatsanleihen investiert. Die Zinszahlungen werden dem Fonds gutgeschrieben. Aktuellen Berechnungen zufolge soll dieser >Fonds 2035 insolvent gehen. Renten werden dann zwar weiterhin ausgezahlt, es kann aber nicht garantiert werden, dass diese pünktlich oder in voller Höhe ausgezahlt werden. Daher bedarf es hier einer Nachbesserung in Form von erhöhten Beiträgen, geringeren Auszahlungen oder eine weitere Erhöhung des Regeleintrittsalters.
Wie hoch ist die Rente in den USA?
In den USA gibt es keine Mindestrente wie wir sie aus >Schweden oder >Norwegen kennen. Stattdessen werden bei der Berechnung der Renten niedrigere Einkommen stärker gewichtet. Das erfolgt folgendermaßen: Einen Anspruch auf Rentenzahlung erhält man nach 10 Beitragsjahren. Dann wird das sozialversicherte Einkommen auf das durchschnittliche Lohnwachstum angepasst und auf das durchschnittliche Lohnniveau zwei Jahre vor dem Renteneinstieg indexiert. Dazu wird der Durchschnittsverdienst herangezogen, der >2021 60.575,07 US-Dollar betrug.
Danach wird ein Durchschnitt aus den 35 einkommensstärksten Verdienstjahren gebildet und folgendermaßen gewichtet:
- bei einem monatlichen Betrag bis 1.115 US-Dollar werden 90 Prozent als Rente angerechnet,
- zwischen 1.115 und 6.721 US-Dollar werden 32 Prozent
- und ab 6.721 US-Dollar werden 15 Prozent angerechnet.
Auch diese Beträge werden an das jährliche Lohnwachstum angepasst.
Die Anpassung der Rentenzahlung selbst orientiert sich dagegen am allgemeinen Preisniveau und wird automatisch erhöht.
Beim Renteneintrittsalter wurde in den letzten Jahren nachgebessert. Für Personen, die vor 1960 geboren worden gilt ein reguläres Eintrittsalter mit 65 Jahren. Für alle danach Geborenen gilt ein Alter von 67 Jahren. Wer will, kann bereits ab 62 Jahren in Rente gehen, muss hier allerdings mit Abschlägen von 5 bis 6 Prozent pro Jahr rechnen. Auch hier wird über eine Erhöhung auf 63 Jahren diskutiert. Wer länger arbeiten will, kann dies ebenfalls tun. Bis 70 Jahre ist das möglich und verspricht Aufschläge von 8 Prozent pro Jahr.
Bei einem regulären Renteneintritt 2022 konnte man maximal >3.345 US-Dollar pro Monat erhalten. Davon gehen noch Steuern und Sozialabgaben ab.
Je nach Höhe des Renteneinkommens und der Veranlagungsart werden bis zu 85 Prozent des Gesamtbetrags besteuert.
Eine alleinstehende Person, die weniger als 25.000 US-Dollar Einkommen erzielt, muss gar keine Steuern zahlen. Danach fallen normale Einkommenssteuersätze zwischen 10 und 37 Prozent an.
Sollte die Rente nicht reichen, gibt es die Möglichkeit, weiterhin einen Beruf auszuüben. Bei einem früheren Renteneintritt wird ein Teil des Einkommens auf die Rente angerechnet. Ab 65 (67) Jahren erfolgt keine Anrechnung. Einkommenssteuern müssen dennoch auf alles gezahlt werden.
Die betriebliche Rente – der „Pension Plan“
In den USA gibt es keinen rechtlichen Anspruch auf eine Betriebsrente wie es in Deutschland der Fall ist. Dort wird sie genutzt, um als Arbeitgeber attraktiver zu wirken und um qualifizierte Arbeitskräfte zu werben.
Bei der US-amerikanischen Betriebsrente gibt es 2 Modelle: die definierte Pensionszusage (defined benefit plan) und die definierte Beitragszusage (defined contribution plan).
Die Pensionszusage ist ein Arbeitgeber basiertes Programm, bei dem Arbeitnehmern eine festgesetzte Rente garantiert wird. Der Arbeitgeber zahlt einen Teil des Lohns in ein steuerfreies Konto. Arbeitnehmer können ebenfalls dazu beitragen, müssen aber nicht. Bei der Berechnung der Rente werden Faktoren wie Zeiten der Beschäftigung oder Durchschnittseinkommen berücksichtigt. Für die Planung und Investments trägt allein der Arbeitgeber das Risiko.
Zur Auszahlung können Arbeitnehmer entscheiden, ob sie eine Leibrente möchten oder eine einmalige Kapitalauszahlung. Wer früher in Rente geht, muss wieder mit Abschlägen rechnen. Eine Auszahlung ist bereits mit 59,5 Jahren möglich.
Dieses Betriebsrentenmodell verliert zunehmend an >Bedeutung und wird meist im öffentlichen Sektor angeboten. Das Modell der definierten Beitragszusage ist für Unternehmen attraktiver, da das Risiko hier auf die Arbeitnehmer übertragen wird.
401k – Der Bestseller ohne Versicherungsmantel
Die bekannteste und am weitesten verbreitete Beitragszusage ist der 401k, der seinen Namen der Verankerung im Abschnitt 401(k) im Steuergesetz verdankt. Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmern ein Investmentkonto an, auf das diese einen Teil ihres Lohns einzahlen können. Die Arbeitgeber selbst können den gleichen Betrag oder weniger einzahlen. Für die Beiträge stehen dann unterschiedliche Anlageoption zur Verfügung.
Den 401k gibt es in zwei Ausführungen, die sich hinsichtlich ihrer Besteuerung unterscheiden: den traditionellen 401k und den Roth 401k (benannt nach William Roth, einem Senator, der maßgeblich an der Entwicklung der Roth-Besteuerungsmodelle beteiligt war).
Beim traditionellen 401k zahlen die Arbeitnehmer einen Teil des Gehalt ein, bevor es versteuert wird. Dadurch vermindert sich das versteuerbare Einkommen. Während der Einzahlungsphase fallen auch auf Gewinne, Zinsen oder Dividenden keine Steuern an. Versteuert werden nur die Entnahmebeträge während der Auszahlungsphase.
Der Roth 401k unterscheidet sich vom traditionellen in der Art der Besteuerung. Die Einzahlungen werden hier vom versteuerten Einkommen abgezogen. Auf spätere Entnahmen oder Gewinnen fallen keine Steuern an. Viele Unternehmen, die 401ks anbieten, bieten keinen Roth 401k an, da die Einzahlungen von Arbeitgeber und -nehmer durch die unterschiedliche Besteuerungsart getrennt verwaltet werden, was mit einem höheren Aufwand als beim traditionellen 401k verbunden ist.
Rentensystem der USA: Wie funktioniert der 401k?
Die eingezahlten Beiträge kann der Arbeitnehmer in unterschiedliche Produkte anlegen, wobei der Arbeitgeber ein vorausgewähltes Sortiment anbietet. Dabei handelt es sich meist um Aktien- und Anleihefonds, Lebenszyklusfonds, garantierte Anlageverträge oder Unternehmensaktien des eigenen Unternehmens.
Bei den garantierten Anlageverträgen handelt es sich um Versicherungsprodukte, die Garantiezusagen für die Auszahlungen bieten, dadurch jedoch weniger Ertrag bringen. Diese Option wird gerade von risikoscheuen Personen in Anspruch genommen oder dafür genutzt, die Schwankungsbreite des Portfolios zu verringern.
Warum die Investition in Firmen eigene Aktien eine schlechte Idee ist
In die Aktien des eigenen Unternehmens zu investieren birgt je nach Anteil im Portfolio ein gewisses Klumpenrisiko. Bei 401ks übernehmen die Arbeitnehmer das volle Risiko für ihre Geldanlage. Investieren sie einen großen Teil in die Unternehmens eigenen Aktien und das Unternehmen wird insolvent, verlieren sie entsprechend einen Teil ihrer Rücklagen. So ist es bereits mit dem Unternehmen Enron geschehen.
Enron war Anfang der 2000er Jahre ein großes Energieunternehmen mit einem ausgezeichneten Ruf und über 20.000 Beschäftigten. Als 2001 bekannt wurde, dass das Unternehmen mittels Bilanzfälschungen die eigene wirtschaftliche Lage beschönigte, kam es zur Insolvenz und das Unternehmen wurde wenige Jahre später aufgelöst. Auch hier wurde den Beschäftigten die Investition in die Unternehmens eigenen Aktien als Altersvorsorge angeboten. Teilweise steckten diese ihre kompletten Rücklagen hinein. Mit dem Bankrott des Unternehmens gingen diese verloren. In einem anschließenden Zivilprozess enthielten sie zwar eine Entschädigung, diese betrug jedoch nur einen Bruchteil der ursprünglichen Altersvorsorge.
Maximalbeiträge und Kosten des 401k
Grundsätzlich können Arbeitnehmer pro Jahr 20.500 US-Dollar in den 401k einzahlen, hinzu kommen die Zahlungen des Arbeitgebers. Entnahmen können bereits ab 59,5 Jahren vorgenommen werden. Wer vorher an das Geld möchte, muss in den meisten Fällen eine Strafgebühr in Höhe von 10 Prozent auf die Auszahlungen entrichten. Spätestens im Alter von 72 Jahren müssen Rentnerinnen und Rentner Entnahmen tätigen.
Die Kosten für einen 401k bewegen sich zwischen >0,2 und 5 Prozent. Das liegt daran, dass die Unternehmen die Konten von Banken oder anderen Finanzinstituten verwalten lassen. Diese geben das Sortiment vor, aus dem die Anlagen gewählt werden können. Je nachdem wie groß ein Unternehmen ist oder wie viele Konten es bei der Bank führt, fallen unterschiedlich hohe Kosten an, die an die Arbeitnehmer weiter gegeben werden. Bei großen Unternehmen mit vielen Konten fallen eher geringere Kosten an. Sollte ein Arbeitnehmer sein 401k Konto beleihen wollen oder die Rücklagen in ein anderes Rentenkonto übertragen wollen, fallen zusätzliche Kosten an.
Obendrauf kommen die Kosten für die jeweiligen Anlageoptionen – zum Beispiel Fondsgebühren und Ausgabeaufschläge.
Im Schnitt zahlt ein Arbeitnehmer 2,22 Prozent auf seinen 401k.
Innerhalb der Pensions- und Beitragszusagen gibt es viele weitere Modelle, die sich in der Ausführung oder Zielgruppe unterscheiden. Die Prinzipien bleiben aber die gleichen.
Private Altersvorsorge – Die Nachfrage nach Versicherungsprodukten steigt
Neben der gesetzlichen und der betrieblichen Rente können US-Amerikaner auch privat vorsorgen und tun dies.
Auch in diesem Bereich gibt es staatlich geförderte Vorsorgemöglichkeiten, die sogenannten individuellen Rentenkonten (individual retirement accounts). Diese funktionieren genauso wie der 401k abgesehen vom Arbeitgeberanteil. Sparer können hierfür direkt bei Banken oder Maklern Konten eröffnen, die dann dort verwaltet werden. Auch hier fallen Kosten für die Verwaltung und jeweiligen Anlageprodukte an.
Maximal können >6.000 US-Dollar pro Jahr (Stand 2022) eingezahlt werden, wobei ein vorhandener 401k gegengerechnet werden kann. Auch hier hat man wieder die Wahl, ob man versteuertes (Roth IRA) oder nicht versteuertes (traditioneller IRA) Einkommen einzahlen möchte. In den traditionellen IRA darf nur einzahlen, wer maximal >78.000 US-Dollar verdient. Im Roth IRA liegt die Grenze bei 144.000 US-Dollar.
Im Bereich der nicht staatlich geförderten Altersvorsorge sieht es ähnlich aus wie in Deutschland. Jeder kann privat Geld in Aktien, Anleihen, Fonds oder ETFs anlegen oder anlegen lassen. Daneben gibt es aber auch Produkte, die der hiesigen fondsgebundenen Rentenversicherung am nächsten kommen: die garanteed income annuities – Renten mit garantiertem Einkommen. Jemand, der eine solche Annuität kauft, überlässt dem Versicherungsunternehmen eine bestimmte Summe Kapital und erhält dafür eine garantierte monatliche Auszahlung zu einem gewünschten Zeitpunkt.
Dabei gibt es unterschiedliche Modelle. Die beiden beliebtesten sind die festverzinsliche aufgeschobene Rente (fixed-rate deferred annuities) und die indexierte Rente (indexed annuities). Bei der festverzinslichen Rente wird eine vereinbarte Summe für 3 bis 5 Jahre auf ein festverzinsliches Konto eingezahlt. Anschließend hat man mehrere Optionen:
- man kann sich die Summe wieder auszahlen lassen,
- man kann sie in ein neues festverzinsliches Konto transferieren
- oder man lässt sich eine monatliche Rente auszahlen.
Bei der indexierten Rente erhält der Käufer variable Auszahlungen, die sich an einem Marktindex (wie den S&P 500) orientieren. Wenn der Index steigt, werden die Kursgewinne vom Versicherer bei einer bestimmten Rate gekappt und einbehalten. Auf der anderen Seite werden in Verlustphasen Zahlungen von 0 bis 3 Prozent garantiert.
Diese Versicherungsprodukte sind vor allem in Phasen volatiler Märkte (wie zur Finanzkrise 2008 oder zur Energiekrise 2022) >sehr beliebt, da sie die Risiken begrenzen.
Empfohlen werden sie aber vor allem Personen mit geringen Rücklagen, bei denen das Langlebigkeitsrisiko hoch ist und Personen, die kurz vor der Rente stehen und in ihrem Portfolio weniger Risiken eingehen möchten.
Individuelle Honorarberatung anfragen: Gibt dir einen klaren Plan an die Hand, um das Beste aus deinem Einkommen zu machen.
Wie sind Rentner in den USA krankenversichert – „medicare“
Das Gesundheitssystem der USA unterscheidet sich sehr von dem in Deutschland. Dennoch gibt es für US-amerikanische Rentnerinnen und Rentner eine staatliche Mindestabsicherung – >das „medicare“-Programm.
Wer 65 Jahre alt ist und mindestens 10 Jahre in die Sozialversicherung eingezahlt hat, hat einen Anspruch auf die staatliche Mindestabsicherung (Teil A des medicare-Programms). Diese ist kostenlos, umfasst jedoch nur Aufenthalte im Krankenhaus oder Pflegeheim und ambulante Pflegedienste. Daher ist es notwendig, Leistungspakete hinzu zu buchen. Diese verursachen zusätzliche Kosten, die bei der Altersvorsorge berücksichtigt werden müssen.
Das Leistungspaket, das unter anderem Arztbesuche und ambulante Dienstleistungen beinhaltet (Teil B), kostet zum Beispiel mindestens >170 US-Dollar pro Monat. Die genauen Kosten für die Leistungen hängen davon ab, ab wann und wie lange man in die Sozialversicherung eingezahlt hat, wie hoch das Einkommen ist und welche Pakte und Zusatzversicherungen man wählt.
Hinzu kommt, dass manche Leistungen erst greifen, wenn die Kosten einen Mindestbetrag erreichen. Teil B zahlt beispielsweise erst ab einem Betrag von >234 US-Dollar.
All dies muss bei der Altersvorsorge eingeplant werden. So sollten Personen, die 2022 in Rente gehen, mit Gesamtausgaben für Gesundheit in Höhe von >315.000 US-Dollar rechnen.
Das Rentensystem der USA hat viele Vorteile
Die gesetzliche Absicherung im Alter in den USA bietet einige interessante Aspekte. Ähnlich wie in Schweden und >Österreich zahlen auch in den USA fast alle in die Rente ein. Insgesamt sind es 94 Prozent der erwerbstätige Bevölkerung, während es in Deutschland um die 80 Prozent sind.
Eine Mindestrente haben die USA zwar nicht zu bieten. Doch durch die unterschiedliche Gewichtung der zugrunde liegenden Durchschnittseinkommen erhalten Personen mit geringeren Einkommen einen höheren Rentensatz.
Da die gesetzliche Rente nur eine Mindestabsicherung bietet, ist die Betriebsrente ein wichtiger Baustein in der Vorsorgeplanung. Gerade Modelle wie der 401k stellen durch vor- oder nachgelagerte Steuervergünstigungen einen großen Anreiz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar.
Personen, die in der Rentenphase aufgrund niedriger Einkommen einen niedrigen Steuersatz erwarten, profitieren von der nachgelagerten Versteuerung und das aktuelle Einkommen wird nicht so stark belastet.
Auch bei der privaten Vorsorge gibt es diese steuerbegünstigten Modelle. Sodass auch Personen, deren Arbeitgeber keine Betriebsrente anbieten, von derartigen Modellen profitieren können.
Wer frühzeitig mit der Altersvorsorge beginnt, profitiert nicht nur von der langfristigen Marktentwicklung, sondern auch vom Zinseszinseffekt.
Die Nachteile
Ebenso wie Deutschland sind auch die USA mit dem demografischen Wandel konfrontiert. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist zwar geringer als bei uns, dennoch wächst sie. Gleichzeitig gehen Geburten starke Jahrgänge in Rente, während die Geburtenrate zurück geht.
Gesetzliche Rentenzahlungen können zwar noch getätigt werden, doch da die Überschüsse bald aufgebraucht sind, kann die Auszahlungshöhe nicht mehr garantiert werden. Wenn die Beiträge zur Sozialversicherung nicht erhöht werden, wird es zu Rentenkürzungen kommen.
Vor allem für Personen, die kurz vor der Rente stehen oder bereits in Rente sind, kann dies zu einer prekären Lage führen. Wer sich auf diese Zahlungen verlassen hat, hat zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viele Möglichkeiten, für einen Ausgleich zu sorgen.
Auch im Bereich der betrieblichen Vorsorge gibt es Kritik. Zwar haben >79 Prozent der arbeitenden Bevölkerung Zugang zu einem 401k, aber nur 41 Prozent davon nutzen ihn. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel dürfen Arbeitnehmer dem Programm erst beitreten, wenn sie mindestens 21 Jahre alt sind und mindestens ein Jahr im Unternehmen angestellt waren. Einige verdienen aber auch so wenig, dass sie gar nichts zum Sparplan beitragen können. Und dann gibt es noch diejenigen, die gar nicht wissen, dass sie die Möglichkeit haben, etwas beitragen zu können.
Zugleich wird kritisiert, dass die >Maximalbeiträge, die ein Arbeitnehmer pro Jahr in den 401k einzahlen darf, viel zu hoch angesetzt sind und dem Staat dadurch Steuereinnahmen entgehen. Weniger als 4 Prozent können diese Pauschalen ausreizen und dabei handelt es sich um Angehörige der Oberschicht, die die steuerliche Förderung gar nicht nötig haben. Auch die geplante Heraufsetzung des Alters, ab dem Auszahlungen aus dem 401k getätigt werden müssen, auf 75 Jahre komme eher der Oberschicht zu Gute. Alle anderen würden das Geld lange vorher benötigen, um ihre laufenden Ausgaben zu bestreiten.
Mit steigender Lebenserwartung kommt auch ein höheres Langlebigkeitsrisiko. Also was passiert, wenn meine Rücklagen aufgebraucht sind, ich aber noch ein paar Jahre leben werde? Hinzu kommen steigende Gesundheitsausgaben, die das Sozialversicherungssystem nicht abfedert. Die staatliche Krankenversicherung für Rentner – Medicare – deckt nur einen Teil der Ausgaben ab. Ruheständler müssen mit mehreren tausend Dollar an zusätzlichen Zahlungen rechnen, chronisch Kranke mit noch mehr. Kosten für bestimmte Pflegemaßnahmen deckt die Versicherung überhaupt nicht ab. All dies muss in der individuellen Ruhestandsplanung berücksichtigt werden.
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Resümee – Mit großer Freiheit kommt große Verantwortung
Der wichtigste Baustein im Rentensystem der USA ist meiner Meinung nach weder die gesetzliche Rente noch die betriebliche Rente: es ist die Eigenverantwortung.
Die gesetzliche Rente bietet eine Mindestabsicherung und ist dazu da, Altersarmut zu verhindern. Bei allen anderen Vorsorgemöglichkeiten ist die Initiative jedes einzelnen gefragt. Die Unternehmen bieten keine fertigen Versicherungslösungen an, denen man automatisch beitritt. Stattdessen muss jeder selbst aktiv werden. Einen 401k zu eröffnen reicht nicht aus. Man muss auch Entscheidungen bezüglich der Anlageoptionen und -höhen treffen, die am geeignetsten scheinen, den Ruhestand komfortabel zu gestalten. Bis auf Steuererleichterungen hält sich der Staat hier weitgehend heraus.
Es ist von vorn herein klar, dass der Lebensstandard in der Rente nicht durch die Sozialversicherung abgesichert ist. Und US-Amerikanerinnen und -Amerikaner sind grundsätzlich aufgeschlossener was Investitionen in die Finanzmärkte angeht.
Es passiert aber nicht selten, dass viele gar nicht wissen, welche staatlich geförderten Möglichkeiten sie zur Vorsorge haben und wie sie diese optimal nutzen können. Wer schlechte Anlageentscheidungen trifft, riskiert einen Teil seiner Rente. Denn in diesem System wird auch die Aufklärung in die Verantwortung jedes einzelnen gelegt.