Dieses System ist zunehmend in die Kritik geraten. Doch warum eigentlich? Ist die Kritik überhaupt gerechtfertigt? Was ist die Alternative und löst diese wirklich alle Probleme? Mit diesen Fragen werde ich mich im Folgenden auseinandersetzen.
Dass die Provisionsberatung ein schlechtes Image hat, liegt vor allem an den potentiellen Interessenkonflikten, die sie mit sich bringt. Bezahlt wird nicht etwa die Beratungsleistung, sondern der Verkauf eines Produktes.
Problematisch wird das, wenn der Beratungsprozess ergibt, dass der Kunde eigentlich gar keinen Bedarf an Finanzprodukten hat. Dann steckt der Vermittler in einer echten Zwickmühle, denn wenn er das dem Kunden offen kommuniziert, hätte er schlicht und einfach umsonst gearbeitet.
Denkbar ist auch, dass Vermittler bevorzugt Produkte vermitteln, die hohe Provisionen bringen und dabei den Kundenbedarf außer Acht lassen.
Wie sieht es in der Realität aus?
In der Tat kam es in der Vergangenheit zu diversen Exzessen. Mehmet Göker und seine MEG, mit der er private Krankenversicherungen wie Bonbons verkauft hat, ist hier sicher ein passendes Negativbeispiel. Auch Carsten Maschmeyer hat mit seiner AWD nicht gerade für positive Schlagzeilen gesorgt.
Das ist jedoch Jahre her und die Branche befindet sich nach eigenen Aussagen in einem „Kulturwandel“. Wie sieht es also heute aus?
Noch vor gut einem Jahr habe ich bei einem Strukturvertrieb gearbeitet. Das Provisionssystem hatte hier meiner Meinung nach einen großen Anteil daran, dass die fachliche Ausbildung neuer Mitarbeiter auf der Strecke blieb.
Das Hauptaugenmerk lag darin, möglichst schnell, möglichst viel Umsatz zu schreiben. So genannte Incentives gibt es immer noch (auch wenn es vielleicht keine Lustreisen mehr sind, durch welche die ERGO Gruppe zu zweifelhaften Ruhm gekommen ist). Das bedeutet, wer den meisten Umsatz schreibt, fährt auf Kosten der Firma (eigentlich müsste es richtig heißen: „auf Kosten der Kunden“) in den Urlaub.
Dass mangelndes Fachwissen und starke Umsatzorientierung kein ideales Umfeld für eine kundengerechte Beratung sind, liegt auf der Hand.
Als alternatives System wird die Honorarberatung angepriesen. Der Kunde zahlt hier nicht mehr für die Vermittlung eines Produktes, sondern für die eigentliche Beratungsleistung, ähnlich wie bei einem Anwalt. Spannend ist, dass nicht nur der Verbraucherschutz, sondern auch die Regierung die Werbetrommel für die Honorarberatung rührt. Sie hat im August 2014 das Honoraranlageberatungsgesetz auf den Weg gebracht, welches die Honorarberatung gesetzlich verankern und den Berufsstand des Honorarberaters rechtlich schützen soll.
Doch auch die Honorarberatung birgt Fallstricke, die es zu beachten gilt. Im Gegensatz zur Provisionsberatung gibt es keine Stornohaftungszeit von 5 Jahren (in dieser Zeit bekommt der Kunde bei Kündigung die Abschlussgebühr anteilig wieder zurück). Das Honorar wird sofort fällig. Das bedeutet, wenn dem Kunden nach zwei Jahren einfällt, dass das abgeschlossene Produkt doch nicht das richtige ist, muss der Berater kein Geld zurückzahlen. Das macht auch Sinn, schließlich hat man für die Beratung und nicht für das Produkt gezahlt.
Des Weiteren kann es auch bei der Honorarberatung zu Interessenkonflikten kommen. Was macht der Berater, wenn ein Kunde mit einer Problemstellung zu ihm kommt und er die Antwort nach 5 Minuten kennt? Hier könnte es einen Anreiz geben, die Beratung in die Länge zu ziehen und das Problem künstlich „aufzublasen“.
Für viele dürfte die Honorarberatung auch schlicht und einfach zu teuer sein. Jemand, der sich gerade so von Monat zu Monat durchkämpft, dürfte kaum dazu bereit (bzw. in der Lage) sein, für eine unabhängige Finanzberatung Geld zu zahlen.
In Großbritannien gibt es bereits ein Provisionsverbot und das Ergebnis ist, das sich viele Menschen einfach nicht mehr beraten lassen. Es herrscht schon fast ein „Versicherungsnotstand“. Das liegt nicht nur an den Kosten einer Beratung.
Versicherungen sind komplexe und zutiefst erklärungsbedürftige Produkte. Man kann das Gut Versicherungsschutz nicht etwa wie ein Auto mit allen Sinnen erleben. So ist es nur logisch, dass die wenigsten Menschen von sich aus auf die Idee kommen, Versicherungsschutz nachzufragen. Sie brauchen erst einen „Klaps auf den Po“.
Fazit
Die Provisionsberatung steht zurecht in der Kritik. Die Honorarberatung kann eine Alternative sein. Sie ist jedoch kein Allheilmittel. Wenn jemand ein Honorar nimmt, sagt das noch lange nichts über die Qualität der Beratung aus. Entscheidend ist immer die Qualifikation und die Einstellung des einzelnen Vermittlers bzw. des Beraters.
Seit ich dem Strukturvertrieb enttäuscht den Rücken gekehrt habe und verschiedene Finanz- und Versicherungsmakler kennengelernt habe, weiß ich, dass man auch auf Provisionsbasis eine kundenorientierte Beratung durchführen kann. Makler oder Vermittler, die langfristig am Markt tätig sind, wissen, dass man nur mit einer qualitativ hochwertigen Beratung am Markt bestehen kann. Nichts schädigt den Ruf mehr als unzufriedene Kunden.
Ich persönlich präferiere die Honorarberatung, da der Kunde hier genau sieht, wie viel meine Beratungsleistung kostet und diese direkt vergütet. Es ist aus meiner Sicht schlicht und ergreifend transparenter.
Allerdings ist mir bewusst, dass viele Menschen in der Praxis nicht bereit sind ein Honorar zu zahlen, daher zeige ich Vor- und Nachteile beider Wege auf und lasse dann den Kunden entscheiden, welches Vergütungsmodell er wählen möchte.
Welches Modell ist für dich ansprechender? Ich freue mich auf dein Kommentar.
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler
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